erschienen auf haeusliche-pflege.net am 22. April 2024

„Pflege am Limit!“ heißt die Kampagne, mit der sich privat geführte Ambulante Pflege­un­ter­nehmen gegen die drohende Insol­venz­welle positio­nieren. 

Foto: Pflege Wessel, Netzwerktreffen am 18. April in Wuppertal

Jahrzehnte lang dämmerte die Pflege­branche im Dornrös­chen­schlaf. Nahm Beschlüsse, Geset­zes­re­formen und zuletzt auch die Tarif­pflicht ohne Protest hin. Zu unbeweglich, zu statisch und unfähig, ihre eigenen Inter­essen zu vertreten. Wer frühzeitig vor Schief­lagen gewarnt hatte, blieb allein auf weiter Flur.

Zu groß der Konkur­renz­ge­danke, zu gering das Verständnis, im selben Boot zu sitzen. Das ändert sich jetzt, und zwar schlag­artig. Denn viele privat geführte ambulante Pflege­dienst­leister stehen vor der Pleite.

Mehr als 800 Insol­venzen und Geschäfts­auf­gaben im Jahr 2023, Tendenz: anhaltend. Ein Aufwach­pro­gramm wie mit dem Vorschlag­hammer für die Unter­nehmer. Sie sehen ihr Lebenswerk gefährdet und bündeln ihre Energien in gemein­samen Kampagnen und einem Brand­brief an die Landes- und Bundes­po­litik.

„Pflege am Limit!“ heißt die Kampagne, die Michael Wessel, Inhaber Pflege Wessel in Wuppertal, im März dieses Jahres ins Leben gerufen hat. Mit der Webseite www.pflege-am-limit.de macht das Unter­nehmen mit plaka­tiven, emotio­nalen Bildern und Zitaten von Pflege­be­dürf­tigen und Pflege­kräften darauf aufmerksam, was passiert, wenn demnächst der Ambulante Pflege­dienst nicht mehr da ist.

Die Kampagne rüttelt auf: vor allem pflegende Angehörige, die vielleicht bald ganz ohne ambulanten Pflege­dienst auskommen müssen. „Wir wollen die Öffent­lichkeit wachrütteln und darüber infor­mieren, dass die Pflege mit immer höheren Kosten konfron­tiert ist, die nicht mehr finan­zierbar sind“, sagt Wessel.

Neben einem Ambulanten Pflege­dienst betreibt Wessel unter anderem Ambulant betreute Wohnge­mein­schaften für Demenz­kranke. „Auch die Kosten­spirale für Pflege­be­dürftige ist viel zu weit nach oben gedreht worden, so dass fast jeder im Alter zum Sozial­hil­fe­emp­fänger wird.“

Aber nicht nur das. Beim zweiten Runden Tisch der Pflege, der am 18. April in Wuppertal stattfand, war die Rückmeldung der anwesenden Unter­nehmer erschre­ckend. „Wir müssen bereits Patienten ablehnen, weil wir mit Anfahrt und Leistungs­er­bringung so lange beschäftigt wären, dass wir am Ende drauf zahlen“, sagt Knut Damerow, Lebensplus GmbH Aachen.

Im ländlichen Gebiet sprechen die Unter­nehmen nicht mehr von Leistungs­ein­schränkung, sondern von Versor­gungs­lücken. „Wir können viele hilfe­be­dürftige Patienten nicht mehr versorgen.“ Auch Claudia Weber, Cura Köln, lehnt reihen­weise Anfragen ab, um ihr Unter­nehmen nicht in den Ruin zu treiben: „Wir berechnen bei jedem Patienten, ob er sich aus betriebs­wirt­schaft­licher Sicht lohnt. Schlimm, was aus der Pflege geworden ist, aber anders geht es nicht.“

Infor­ma­tionen zur Kampagne, Termine und Unter­stützer unter: www.pflege-am-limit.de